Church

Um egal wohin zu kommen, musste ich immer diese schmale geteerte Küstenstraße benutzen. Sie ist die Hauptschlagader der ganzen Region. Wie eine in Holz eingefasste Intarsie führt sie zweispurig durch die schmale Küstenlandschaft und die Autos balancieren auf ihr wie auf einem Turnbalken. Links kilometerlang hohe Dünen und rechts Wald, Wiesen und Wattlandschaft. Sonst nichts. Kilometerweit nichts. Keine Häuser, keine Höfe, keine Zivilisation, nichts. Als durchführe man einen weißen Fleck auf einer Landkarte. Dabei kam ich auch immer an einem kleinen Kiefernhain vorbei. Ungefähr in der Mitte führte eine kleine Straße hinein. So schmal und unscheinbar, dass man sie leicht übersah und sie auch nur bei entsprechend langsamen Tempo kurz einsehen konnte. Am Ende dieser Kiefernallee erspähte ich in etwa 1 km Entfernung eine kleine weiße Kirche. Mitten im nichts. Dort wohnt weit und breit niemand, der dorthin zu Fuß gelangen könnte. Sie machte mich neugierig. Sie liegt auf einer kleinen Anhöhe am Ende des Kiefernwäldchens. Es erinnerte mich irgendwie an eine Miniwarft. Zu ihren Füßen ein Friedhof. Wer hier liegt, der liegt sehr einsam. Möchte man seine Liebsten auch über den Tod hinaus um sich wissen, dann ist dieser hier der verkehrte Ort, sie zu bestatten. Ich schaue auf den Friedhof. Storms Schimmelreiter kommt mir in den Sinn. Der würde hier gut herpassen. Hier gibt es aber keine Deiche und demzufolge auch keinen Deichgrafen, der mir des Weges geritten kommen könnte. Dennoch gruselt es mich an diesem Ort. Wohlig ist anders. Ich will hier weg.